Aronsson Datateknik

Titel: Geflügelte Worte.
Der Citatenschatz des deutschen Volkes
Autoren: gesammelt und erläutet von Georg Büchmann.
Fortgesetzt von Walter Robert-tornow
Ausgabe: Neunzehnte vermehrte und verbesserte Auflage.
Berlin, Haude & Spener'sche Buchhandlung (F. Weidling), 1898
Druck: G. Keysing in Leipzig
Digitalisierung: Aronsson Datateknik (Lars Aronsson), Linköping, Schweden, 2005,
zusammen mit Karl Eichwalder, Nürnberg,
und Project Gutenberg's Distributed Proofreaders
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Vor dem Thor.

Bürger: Nein, er gefällt mir nicht, der neue Burgemeister!

Andrer Bürger: ... hinten, weit in der Türkei.

Faust: ... ein dunkler Ehrenmann.

Faust: Was man nicht weiss, das eben brauchte man,
Und was man weiss, kann man nicht brauchen.

Faust: Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine hält mit derber Liebeslust
Sich an die Welt mit klammernden Organen;
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
*/

Schon Wieland lässt in dem lyrischen Drama "Die Wahl des Herkules"
(1773) diesen, zwischen Tugend und Begehrlichkeit schwankenden Halbgott
ausrufen:

/*
"Zwei Seelen--ach, ich fühl' es zu gewiss!
Bekämpfen sich in meiner Brust
Mit gleicher Kraft." ...
*/

Und lange vor Wieland singt Racine (1639-1699) im dritten Gesange
seiner "Cantiques spirituels", "Plainte d'un Chrétien sur les contrariétés
qu'il éprouve au dedans de lui-même", den er dem siebenten Kapitel des
"Römerbriefes" entlehnte, wo Paulus den Kampf seines inneren und äusseren
Menschen schildert:

/*
"Mon Dieu, quelle guerre cruelle!
Je trouve deux hommes en moi:
L'un veut, que plein d'amour pour toi,
Mon coeur te soit toujours fidèle,--
L'autre, à tes volontés rebelle,
Me révolte contre la loi".

"L'un tout esprit et tout céleste,
Veut, qu'au ciel sans cesse attaché,
Et des biens éternels touché,
Je compte pour rien tout le reste,
Et l'autre par son poids funeste
Me tient vers la terre penché". etc.
*/

Wieland und Goethe setzten für "deux hommes" unwillkürlich "deux
âmes" als den üblichen Begriff. Sie kannten wohl die Lehre des Mani
(3. Jahrh. n. Chr.), von deren Anhängern Balthasar Bekker ("Bezauberte
Welt" I. Buch, XVIII. Hauptstück § 7; holländ. 1691, deutsch 1693 Amsterd.)
sagt: "Sie halten gar dafür, dass jeder Mensch zwo Seelen habe, deren
eine allezeit wider die andere streite". Und Beide hatten gewiss in Xenophons
"Cyropaedie" VI, 41 des wider Willen sündhaft verliebten Araspes 

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